Ursachen

Schwierigkeiten in IT-Projekten haben oft zwischenmenschliche Ursachen

IT-Projekte sind Vorhaben, die von Menschen initiiert, von Menschen durchgeführt, für Menschen gemacht. Ein sehr grosser Anteil der Schwierigkeiten in IT-Projekten sind zwischenmenschlicher Natur. Das bestätigen Studien und auch alle, die schon einmal in einem IT-Projekt gearbeitet haben. Und doch gibt es wenig Massnahmen (Methoden, Prozesse, Interventionen) in den Projekten, die diese Schwierigkeiten gezielt und professionell angehen. Und auch wenig Know-How darüber, warum denn diese Schwierigkeiten entstehen und wie sie besser bewältigt werden können. Diese Kapitel soll Ihnen einen ersten Einblick geben in die Zusammenhänge und was Sie ab sofort besser machen können, damit Ihr IT-Projekt sofort erfolgreicher wird.

Ursache Nr. 1: Die Funktion des Hirns!

Unsere Aufnahmefähigkeit ist beschränkt: es hat nur Platz für ca. 7 Tatsachen gleichzeitig im Bewusstsein

Der Mensch kann nur ca. 7 Tatsachen gleichzeitig bewusst im Kopf haben. Wenn wir über etwas nachdenken, das komplexer ist (mehr als 7 Tatsachen), dann dreht es sich im Kopf: es fällt immer wieder etwas raus, unsere Gedanken kreisen. Bei einem IT-Projekt, das eigentlich immer sehr komplex ist, kann daher niemand (!) alles Relevante gleichzeitig im Kopf haben. Auch wenn wir ein Dokument lesen (Studie, Konzept, Bericht): wir haben auf Seite 11 vergessen, was auf der Seite 3 stand. Und niemand nimmt sich die Zeit, um ein solches Dokument 3mal zu lesen, was es bräuchte, um alles wirklich tiefgreifend zu verstehen. Die meisten Dokumente werden sowieso nur überflogen. Also verstehen wir zwar die Sätze, die wir lesen, und einzelne Tatsachen, aber die meisten Leser verstehen die Zusammenhänge eigentlich nicht wirklich. Und wenn wir an einer Sitzung über etwas sprechen, dann hat vielleicht einer gewisse Tatsachen (aus seinem Fachgebiet) im Kopf, aber die anderen reden über ganz was anderes: typischerweise reden eigentlich immer alle aneinander vorbei (oder?).

Abhilfe: visuelle Darstellung mit Karten oder Figuren

Erst wenn man alles auf einen Blick sieht, kann man den Überblick (!) bekommen und die Zusammenhänge verstehen. Dafür wird die gesamte Situation mit einer Systemdarstellung mit Figuren oder Karten gemeinsam erarbeitet. Mit visuellen Mitteln ist es möglich, die Zusammenhänge zu verstehen und gemeinsam zu entscheiden.

Ursache Nr. 2: (Fehlender) Perspektivenwechsel

Wir sehen oft nicht alle Standpunkte, sondern nur unseren eigenen (und der sagt nicht alles!)

In schwierigen (und eigentlich auch allen anderen) Situationen tendiert der Mensch dazu, seinen eigenen Standpunkt einzunehmen und zu verteidigen. Es ist auch nicht immer ganz einfach zu verstehen, was die anderen für Aufgaben, Wünsche und Schwierigkeiten (Probleme, oder Chnorze wie wir sie nennen) haben, die sie zu ihrem Standpunkt führen. Die Sicht auf alle Standpunkte, auch wenn man alles mal gehört hat, wiederum wird dadurch verstellt, dass man nicht die gesamte Information aufs Mal im Kopf haben kann (siehe oben).

Abhilfe: unterschiedliche Standpunkte darstellen und einnehmen

Durch die visuelle Darstellung aller Standpunkte, z.B. durch die Sytemdarstellung auf dem Tisch, um den alle herumgehen können, nehmen die Teilnehmenden automatisch unterschiedliche Standpunkte ein. Sie sehen die Situation nicht nur aus ihrer eigenen Perspektive sondern etwas distanziert (und „dissoziiert“) von oben und aus der Sicht der anderen Teilnehmenden. Das ermöglicht ihnen mehr Information zu bekommen und auch in die Lösungsfindung miteinzubeziehen.

Ursache Nr. 3: Vernachlässigte menschliche Bedürfnisse

Menschen brauchen Zugehörigkeit, Respekt, Vorwärtskommen und etwas Action

Jeder Mensch hat gewisse Grundbedürfnisse. Und die legt er/sie nicht einfach ab, wenn er/sie ins Büro kommt: die aktuelle Neuro-Science belegt, dass Entscheidungen eigentlich meist „mit dem Bauch“ gefällt werden und „mit dem Kopf“ eher nachträglich begründet werden. Wenn eine Situation diese Grundbedürfnisse, zum Beispiel nach Sicherheit, gefährdet, dann übersteuern die Bedürfnisse des Menschen die logischen Entscheidungen. Dadurch, dass man sie ignoriert, gehen die Grundbedürfnisse aller Beteiligten nicht weg, sie schlummern im Verborgenen und äussern sich durch Widerstand, „Nicht-Verfügbar-Sein“ oder „alles ist falsch“. Oft sind auch (immer wieder wandelnde und komplizierte) Anforderungen, die an ein Projekt gestellt werden, Ausdruck von diesen unberücksichtigten Bedürfnissen, z.B. nach Anerkennung.

Abhilfe: Bedürfnisse berücksichtigen

Je nach Modell des Menschen, das man verwendet, sind die Bedürfnisse unterschiedlich definiert. Es gibt daher kein Patentrezept, wie man die Bedürfnisse eruiert und befriedigt. Am einfachsten fragt man die Menschen selber, welche Bedürfnisse sie (wirklich) haben. Dabei hilft die „Mensch“-Brille, die einem sehen lässt, was dahinter steckt. Natürlich ist das Büro (und das IT-Projekt) kein Ponyhof, bei dem alle wünschen können. Aber vielleicht gibt es Lösungen, die die Bedürfnisse berücksichtigen. Oder dann wird frühzeitig klar, was nicht (mehr) möglich ist, und bietet den Betroffenen die Möglichkeit, für sich zu entscheiden, welche Konsequenzen sie daraus ziehen.

Ursache Nr. 4: Projekte scheitern am Widerstand

Menschen tun, was sie wollen (Punkt!)

Menschen setzen nur das nachhaltig um, womit sie einverstanden sind. Dazu müssen sie es erstmals verstehen, siehe oben. Doch auch dann kann es sein, das sie vielleicht logisch einsehen, das es notwendig wäre,  aber sie wollen eigentlich ganz etwas anderes. Und dann tun sie zwar vordergründig das, was sie tun sollen, aber mittelfristig passieren ganz andere Dinge: heimlicher oder offener Widerstand, Dienst nach Vorschrift, andere Prioritäten: Projektprobleme eben, ganz normaler Alltag. Und das gibt Verzögerungen und kostet sehr viel Energie.

Abhilfe: Mitbeteiligung bei der Lösungsfindung

Diejenigen, die etwas umsetzen sollen, sollten an der Lösungsfindung beteiligt sein. Dabei soll es ihnen ermöglicht werden, den Gesamtüberblick über die Situation zu erhalten. Das kann bedeuten, dass sie unterschiedliche Standpunkte berücksichtigen können bei ihrer Wahl. Auf alle Fälle sollen sie dabei sein, wenn entschieden wird. Und auch wenn sie vielleicht eine andere Meinung haben: wird die Entscheidung gemeinsam gefällt, so erhöht das massiv die Wahrscheinlichkeit, dass es auch von allen gemeinsam umgesetzt wird.

Erstes Fazit: Zwischenmenschliche Faktoren sind entscheidend für den Projekterfolg

Es gibt noch ganz viele solche Faktoren, die wir hier betrachten könnten, und die ich ihnen gerne ein andermal erzähle… Aber für den Moment haben Sie eine Einsicht bekommen in ein paar wichtige Faktoren, die über Projekterfolg oder -Misserfolg entscheiden.

Bei den kreativen Workshops, die die projektpraxis anbeitet, werden diese und andere Faktoren berücksichtigt. Die Beteiligten werden als Menschen abgeholt. Zwar bleibt das Projekt- und Sachziel immer im Mittelpunkt, doch die zwischenmenschlichen Aspekte werden berücksichtigt dadurch, dass die Menschen immer „dabei“ sind. Das beginnt bei den Stakeholder-Analysen (die durch die visuellen Methoden einfach und schnell gehen und auch Sinn machen), geht weiter in den kreativen Kick-Off-Workshops und, wenn das Projekt mal in Schieflage gerät, wird auch in Krisensituationen umgesetzt. Damit Ihre IT-Projekte zu den wenigen gehören, die erfolgreich sind. Sie sparen damit ganz viel Geld, Zeit, Energie und Nerven.